ALFA-FORUM Nr. 44 (2000)
Junge Erwachsene und die Arbeitswelt Beiträge zum Schwerpunktthema
- Hiller, Gotthilf Gerhard: Statt Entfremdung eher Befreundung. Lehrermentalitäten, Schülermentalitäten – Zielperspektive: biophile Allianz.
- Mrytz, Barbara: Schulabgänger: Was sie können und was sie können müssten.
- Erbs, Martin: Junge Erwachsene mit Defiziten in der Grundbildung. Angebote der Arbeitsverwaltung.
- Hessing, Werner: Fit für die Arbeit. Behinderte Jugendliche in der Berufsvorbereitung.
- Genuneit, Jürgen: Kein pädagogisches Zuckerschlecken. Anregungen für den Unterricht mit bildungsbenachteiligten Jugendlichen.
- Schütte, Ulrich: Computergestützte Lernprogramme in der beruflichen Bildung junger Erwachsener mit Lese- und Rechtschreibschwächen.
- Rietfort, Michael: Integration in den Arbeitsmarkt durch Grundbildung, Schulabschluss und begleitendes Langzeitpraktikum.
- Müller, Annette: Junge ImmigrantInnen in der Berufsausbildung. Alphabetisierung in der Erstsprache und schriftsprachliche Kompetenzen in der Zweitsprache.
Allgemeine Beiträge
- Mauve, Gisela und Reinhard: Mehr als Lesen und Schreiben. Mit einem Beispiel zur visuellen Schulung durch computergrafisches Handeln.
- Rehder, Anke u.a.: "Psycho" oder "Fit for Life": Für Integration – gegen Ausgrenzung. Ein Training sozialer Kompetenz für Jugendliche.
- Genuneit, Jürgen: "Schau ich mir diesen Holzklotz an, dann denk ich an mein’ Christian." "Dumme" im deutschen Liedgut.
- und andere Beiträge
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
ohne ausreichende Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse ist es schwer, im Berufsleben zurechtzukommen. Das gilt für alle Altersgruppen. Doch wer heute 50 oder 60 Jahre alt ist, hat zu Beginn seines Arbeitslebens meistens noch einen Einstieg gefunden, konnte durch handwerkliches Geschick und Zuverlässigkeit manche “Defizite” ausgleichen und versuchen, durch “training on the job” sich den wandelnden und steigenden Anforderungen anzupassen. Anders geht es den jungen bildungsbenachteiligten Erwachsenen unserer Zeit. Sie haben vielfach keine Chance, überhaupt Arbeit zu bekommen; jedenfalls keine, die ihnen auf längere Sicht ein Auskommen ermöglicht. Wenn es schon weitaus qualifizierteren Altersgenossen schwer fällt, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu bekommen – welche Perspektiven haben sie? Sind sie motiviert, ihre Arbeitsmarktchancen durch die Teilnahme an qualifizierenden Maßnahmen zu verbessern? Welche Hilfen gibt es überhaupt? Und haben sie ihre Situation wirklich deutlich verbessert, wenn sie daran teilgenommen haben? Werden sie überhaupt gebraucht – von der Wirtschaft, von der Gesellschaft? Bundespräsident Johannes Rau äußerte sich am 14. Juli in seiner Berliner Rede beim “Ersten Kongress des Forum Bildung” zum lebenslangen Lernen und führte dann aus: “Dabei müssen wir auch diejenigen erreichen, die die Schule nicht oder nur mit schlechtem Ergebnis abgeschlossen haben, die keinen qualifizierten Berufsabschluss haben. Die Angebote im Bereich des informellen Lernens versprechen hier neue Möglichkeiten. Wir müssen verhindern, dass ein Bildungsproletariat entsteht, das den sozialen Anschluss verliert. Wer Schule oder Berufsausbildung nicht abgeschlossen hat, hat es heute noch viel schwerer als früher, Arbeit zu finden. Es ist eine ganz wichtige Aufgabe der Bildungspolitik, sozialer Ausgrenzung entgegenzuwirken. Dabei geht es nicht nur um den Lebensweg und das Lebensglück des Einzelnen, es geht auch um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Das ist der Anspruch, dem wir uns stellen müssen.” In das Schwerpunktthema “Junge Erwachsene und die Arbeitswelt” führt Gotthilf Gerhard Hiller mit seinem Beitrag ein. Er stellt drei Lebensgeschichten von jungen Erwachsenen vor, die er einem jüngst erschienenen Buch entnommen hat. Er beschreibt, wie ihre Lebens- und Lernerfahrungen den Unterricht, an dem sie teilnehmen, bestimmen, wie dies auf die Lehrenden wirkt und wie jene damit umgehen sollten. Barbara Mrytz referiert Ergebnisse einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, die deutlich machen, dass die Anforderungen, wie sie Unternehmen stellen, von vielen Schulentlassenen nicht erfüllt werden. Martin Erbs schildert aus Sicht der Arbeitsverwaltung die veränderten und gestiegenen Anforderungen der Arbeitswelt und beschreibt die Hilfen, die das Arbeitsamt für junge bildungsbenachteiligte Erwachsene bereithält. Aus der Arbeit mit behinderten Jugendlichen in einem Förderlehrgang berichtet Werner Hessing unter dem Titel “Fit für die Arbeit”. Jürgen Genuneit beschreibt die Schwierigkeiten bildungsbenachteiligter Jugendlicher und die daraus resultierenden Probleme für die PädagogInnen. Aber er gibt auch Anregungen für den Unterricht, die exemplarisch an dem Lehrwerk “Na klar” konkretisiert werden. Ulrich Schütte plädiert dafür, dass Bildungseinrichtungen zielgruppenorientierte Lernsoftware selbst entwickeln. Er stellt ein computergestütztes Lernprogramm für junge Erwachsene mit Lese- und Schreibschwächen vor. Michael Rietfort beschreibt einen Integrationslehrgang, der von der VHS-Agentur Bielefeld durchgeführt wird: Welche Ziele werden verfolgt, für welche Personengruppen ist er gedacht und welche Inhalte werden vermittelt? Annette Müller berichtet von Erfahrungen, die sie mit jungen ImmigrantInnen gemacht hat. Trotz guter mündlicher Sprachkompetenzen gibt es im schriftlichen Bereich häufig große Probleme. Im Förderunterricht sind besonders jene erfolgreich, die im Herkunftsland (!) die Grundschule besucht haben. Zum Schluss ein Dank an die Bundesanstalt für Arbeit, mit deren Erlaubnis die Fotos von der CD Rom “ABC. Ausbildung – Beruf – Chancen 1999/2000" für die Titelseite des Alfa-Forum und die Seiten 14 - 16 und 33 verwendet werden konnten. Eine interessante Lektüre wünscht
Peter Hubertus Mitglieder des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e.V. erhalten auf diesen Artikel 20% Rabatt.