ALFA-FORUM Nr. 81 (2012)
Schwerpunktthema: Am Ende der Weltalphabetisierungsdekade
Liebe Leserinnen und Leser,
die Weltalphabetisierungsdekade der Vereinten Nationen ist Geschichte. Was wurde in den vergangenen zehn Jahren erreicht? Was bleibt zu tun?
Als Kofi Annan, der damalige UNO-Generalsekretär, die Dekade am 13. Februar 2003 in New York offiziell eröffnete, bekräftigte er das Ziel, die Anzahl der Analphabeten weltweit bis Ende 2012 spürbar zu verringern. Auch der funktionale Analphabetismus in Deutschland sollte deutlich reduziert werden. Gelegentlich war sogar von einer Halbierung der Zahlen die Rede.
Zur Umsetzung der Dekade hatten die Deutsche UNESCO-Kommission und der Bundesverband Alphabetisierung das „Bündnis für Alphabetisierung“ initiiert. Zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung, dem Deutschen Volkshochschul-Verband, der Ernst Klett Sprachen GmbH, der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, der Stiftung Lesen und dem UNESCO-Institut für Lebenslanges Lernen sollten Konzepte entwickelt, abgestimmt und umgesetzt werden. Eine Bilanz der Weltalphabetisierungsdekade steht am Anfang dieser Ausgabe des Alfa-Forum.
Ohne Zweifel war die Förderinitiative „Forschung und Entwicklung zur Alphabetisierung/ Grundbildung Erwachsener“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ein wichtiger Beitrag innerhalb der Dekade. Mit der vom BMBF in Auftrag gegebenen leo. Level-One Studie der Universität Hamburg wurden erstmals Zahlen zur Größenordnung des funktionalen Analphabetismus auf empirischer Basis ermittelt. Die Ergebnisse führten zu einer erhöhten Aufmerksamkeit bei in der Bildungspolitik. Ende 2011 wurde die „Nationale Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener in Deutschland“ von Bund und Ländern verabschiedet. Verbände und gesellschaftlich relevante Gruppen wirken dort mit. Auf Bundesebene, in den Ländern, in Kreisen und Kommunen gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten.
Im September 2012 startete die bundesweite Kampagne „Mein Schlüssel zur Welt“ mit TV-, Kino-, Radiospots und einer multimedialen Ausstellung. Im selben Zeitraum wurde ein neuer Förderschwerpunkt des BMBF zur „Arbeitsplatzorientierten Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener“ etabliert.
All dies sind Fortschritte in den Bemühungen, den in Deutschland lebenden Menschen bessere Chancen auf Teilhabe zu verschaffen, und es ist eine positive Entwicklung zu verzeichnen: Viel mehr Akteure befassen sich mit der Thematik unzureichender Lese- und Schreibkompetenzen Erwachsener, als dies vor der Weltalphabetisierungsdekade der Fall war. Doch: Nach der Dekade ist vor der Dekade – oder sollte es zumindest sein. Um die Zahl der funktionalen Analphabeten signifikant zu senken, ist fordert der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung eine nationale Dekade mit klaren Zielen, konkreten Schritten, abgestimmten Zuständigkeiten und einem breiten gesellschaftlichen und parteiübergreifenden Konsens in zentralen Fragestellungen.
Die Beiträge in diesem Alfa-Forum zeigen das bisher Erreichte auf. Sie machen auch vielfach deutlich, was nicht nur in Projektlaufzeiten erarbeitet, sondern auf Dauer aufrechterhalten werden sollte. Und sie können eine Grundlage bieten, eine Nationale Dekade zur Alphabetisierung zu entwickeln.
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